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Schöne Scheisse: Fäkalien sind nicht «wäh», sondern «wow»
Aus Input vom 01.06.2022. Bild: Colorbox
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Schöne Scheisse! Das unterschätzte Potential von Fäkalien

Fäkalien sind nicht «Wäh», sondern «Wow».

Mit Fäkalien kann man weit mehr machen, als sie wegzuspülen: Hier sind vier Verwendungsmöglichkeiten, die aus Ausscheidungen einen Nutzen ziehen

1. Kompost und Dünger aus Fäkalien

Rund 1000 mobile Komposttoiletten sind in der Schweiz im Einsatz. Tendenz steigend, sagt Louise Carpentier vom Verein Va-Loo, der kreislaufförmige sanitäre Systeme in der Schweiz fördern will. Der Kompost, der aus den Fäkalien entsteht, ist Nahrung für Pflanzen im Garten und auf dem Balkon. Weil diese Art von Dünger oder Kompost nicht auf der Positiv-Liste des Bundes steht, sei er nicht im Handel erhältlich.

Warum Wasser sparen im Wasserschloss Schweiz?

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«Im Wasserschloss Schweiz haben wir viel Wasser», sagt Louise Carpentier vom Verein Va-Loo. Jedoch sei auch hier der Klimawandel im Gang. Es gibt immer wieder trockene Sommer. Zusätzlich braucht es für die Aufbereitung von Abwasser sehr viel Energie.»

Tatsächlich: Pro Person und Tag werden in einem Schweizer Haushalt täglich 142 Liter Wasser verbraucht, zeigen Zahlen des Water Hub der EAWAG in Dübendorf. Ein Drittel davon brauchen wir für die Toilettenspülung. «Wir können Fäkalien mit weniger Wasser wieder aufbereiten und sinnvoller nutzen», sagt Louise Carpentier von Va-Loo.

Mit einem weiteren Blick stellen sich grundsätzliche Fragen: «Wie wollen wir mit unseren Ressourcen umgehen? Welche Herausforderungen kommen aufgrund des Klimawandels auf uns zu?», fragt Carina Doll vom Water Hub. Schon jetzt gebe es Gebiete mit weniger Wasser und stärkeren Dürreperioden. «Es braucht eine breite Palette von Lösungen, um spezifischer auf den lokalen Kontext einzugehen.»

Es gibt auch fix installierte Kreislauftoiletten, die Kompost produzieren. Eine handvoll Genossenschaften in der Schweiz setzen bereits auf solche Systeme. Eine davon ist die Genfer Siedlung Soubeyran der Genossenschaft Equilibre.

Mit Trinkwasser Scheisse wegspülen ist dumm.
Autor: Danya Stasius Bewohnerin der Siedlung Soubeyran

Durch die Toiletten der Siedlung fliesst aufbereitetes Wasser aus Bad und Küche. Auf dem Balkon verwenden Bewohnerinnen und Bewohner wie Danya Stasius Fäkalkompost, der in der siedlungseigenen Abwasserreinigung von Würmern und Bakterien erzeugt wird.

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Auslaufmodell Wasser-Klo
Aus Einstein vom 23.11.2017.
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Auch für die Landwirtschaft sei Fäkalkompost interessant, sagt Carpentier, die Expertin für solch kreislaufförmige Systeme. Akteurinnen und Akteure aus der Landwirtschaft seien mittlerweile bei Va-Loo dabei.

Der Mensch nimmt aber nicht nur Vitamine und andere gesunde Sachen zu sich. In Fäkalien finden sich auch Reste von Medikamenten oder Drogen. Es sei aber möglich, Fäkalkompost herzustellen, die unbedenklich seien, meint Louise Carpentier.

2. Fäkal-Pellets zum Heizen und Kochen

Aus Wasser, das aus Toiletten abfliesst, lässt sich Energie rückgewinnen, sagt Carina Doll vom Water Hub des Forschungsinstituts EAWAG in Dübendorf. Aus Fäkalien liessen sich etwa Pellets herstellen. Sie seien vergleichbar mit Holz-Pellets und können Energie und Wärme für Industrie und Haushalt liefern.

So geht Wasser-Recycling

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Wir recyceln Karton, Papier und Pet – warum nicht auch Wasser?

Am Water Hub der EAWAG (Wasserforschungsstelle der ETH-Bereiche) in Dübendorf fliesst das Abwasser in fünf verschiedenen Leitungen. Dabei wird zwischen leichtem und schwerem Grauwasser (Wasser aus Bad und Küche), Gelbwasser (Urin) und Schwarzwasser (Fäkalien) unterschieden.

Warum diese Unterteilung?

Abwasser ist nicht gleich Abwasser, weil die Abwässer unterschiedlich verschmutzt sind. Möchte man etwas aus diesem Abwasser zurückgewinnen, lohne sich eine Trennung, erklärt Carina Doll vom Water Hub. So mache Urin nur etwa ein Prozent des Abwassers aus, enthalte aber am meisten Nährstoffe. Durch eine saubere Trennung lässt sich das Abwasser effizienter recyceln.

Wie lässt sich Urin von Fäkalien trennen?

Am Water Hub wird mit einer speziellen Toilette experimentiert: Sie trennt Urin von Fäkalien. Dank dem «Teekannenprinzip» rinnt Urin durch ein eigens dafür geschaffenes Loch weg, statt mit den Fäkalien weggespült zu werden.

Es funktioniert wie bei einer nervigen Teekanne, an welcher der Tee am Kannenrand entlangfliesst, statt direkt in die Tasse. Was beim Teetrinken stört, haben sich die findigen Köpfe hinter dieser Kreislauftoilette zu Nutze gemacht. So lässt sich das Abwasser sauber trennen.

3. Tierfutter aus Fäkalien

Mit Fäkalien vollgefressene Soldatenfliegenlarven sind nahrhaftes Futter für Hühner und Fische. Die Larven ernähren sich von Fäkalien, aus ihren lässt sich Tierfutter gewinnen. In Indonesien steht eine solche Demonstrationsanlage der EAWAG.

Getrocknete Fäkalproben in Röhrchen
Legende: Getrocknete Fäkalproben SRF, Reena Thelly

4. Bio-Plastik aus Astronautenkacke

Auch Astronautinnen und Astronauten müssen mal. Anstatt den Inhalt der Toilette im All zu entsorgen, könnten Fäkalien als wertvoller Rohstoff für Ersatzteile dienen. Genveränderte Bakterien wandeln Fäkalien zu Bio-Plastik um, zeigen Forschungen aus Kanada. Dieser Plastik soll im 3D-Drucker zu Ersatzteilen verarbeitet werden können. 

Radio SRF 3, Input, 1.6.2022, 15:00 Uhr.

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